Arbeitsprogramm in der 7. Berufungsperiode 2020–2023
Der RatSWD wird gezielt Belange empirischer Forschung in Politik und Gesetzgebung einbringen, neue Herausforderungen bei der Datenerhebung adressieren sowie Datenkulturwandel vorantreiben.
Schwerpunktthemen und AGs
1. Beratung von Politik und Gesetzgeber
Der RatSWD setzt sich dafür ein, dass im Rahmen von Gesetzgebungsverfahren die Belange der empirischen Forschung und der Forschungsdateninfrastruktur systematisch berücksichtigt werden. In der 7. Berufungsperiode werden in diesem Handlungsfeld voraussichtlich die Datenstrategie der Bundesregierung und die Datenstrategie der EU von besonderer Bedeutung für den RatSWD sein.
2. Neue Herausforderungen bei der Datenerhebung
Wissenschaft und Verwaltung benötigen qualitativ hochwertige, detaillierte und interoperable Daten, um gesellschaftliche Herausforderungen zu adressieren. Nur so kann ein verlässlicher Erkenntnisgewinn realisiert werden. Der Charakter der Datengewinnung hat sich jedoch in den letzten Jahren gewandelt. Vermehrt werden Forschungsdaten mit neuen Informationstechnologien, aus Big Data-Quellen, mittels Künstlicher Intelligenz oder durch Citizen Sciences-Projekte oder in Online-Studien ohne kontrollierbare Stichprobe erhoben. Diese Daten haben große Potenziale für die Beantwortung bestehender und neuer Forschungsfragen und können auch ad hoc angewandt werden, z.B. bei der Beforschung gesellschaftlicher Krisen. Ihre Qualität genügt jedoch nicht immer wissenschaftlichen Standards. Die ungeregelte Nutzung und Weiterverbreitung solcher Daten birgt dabei nicht nur Gefahren für das Vertrauen in die Wissenschaft, sondern kann auch für Gesellschaft und Politik schädlich sein. Die methodische und technische Qualität und damit der wissenschaftliche Wert neuer Daten, aber auch der Umgang mit neuen Datenstrukturen stellt die Forschung vor neue Herausforderungen, die der RatSWD in seiner 7. Berufungsperiode adressiert.
- AG Herausforderungen bei der wissenschaftlichen Erhebung und Nutzung unstrukturierter Daten
- AG Vernetzung empirischer sozialwissenschaftlicher Forschung in gesellschaftlichen Krisen
3. Datenkulturwandel
Ein kultureller Wandel, der das Teilen (Sharing) von Informationen, Daten und Ergebnissen befördert, ist seit einigen Jahren in unterschiedlichen Bereichen der Wissenschaft und Forschung zu beobachten und wird von vielen Akteuren gefördert. Ein Wandel im Umgang mit Daten ist zum Beispiel an neuen Anforderungen zur Evidenzbasierung von Politik zu beobachten und zeichnet sich auch hinsichtlich der Nachnutzung von Forschungsdaten ab. Auch eine Sensibilisierung für forschungsethische Normen findet statt. Diesen Datenkulturwandel wird der RatSWD in seiner 7. Berufungsperiode mit folgenden AGs weiter unterstützen:
Permanente Aufgaben
1. Datenerschließung und Datenzugang für die Wissenschaft
Der RatSWD setzt sich seit vielen Jahren für den verbesserten Zugang zu amtlichen Mikrodaten für die unabhängige wissenschaftliche Forschung ein. Der Zugang zu forschungsrelevanten Daten hat sich dadurch in den letzten Jahren deutlich verbessert. Dennoch sind entscheidende, bereits vorhandene Informationsquellen noch immer nur eingeschränkt oder überhaupt nicht für die wissenschaftliche Forschung zugänglich. Der RatSWD arbeitet daher weiter auf Verbesserungen des institutionalisierten Datenzugangs für die Wissenschaft hin. Ein Augenmerk liegt dabei stets auf den teilweise disziplinspezifischen Besonderheiten der Anonymisierung und Pseudonymisierung von sensiblen, personenbeziehbaren Mikrodaten wie ihrer Langzeitarchivierung und Replizierbarkeit.
2. Monitoring technologischer und methodischer Entwicklungen
Die Digitalisierung birgt große Chancen und Innovationspotenziale, da neue Datenquellen erschlossen und Analysemethoden z.B. im Kontext Künstlicher Intelligenz und Big Data (fort-)entwickelt werden. Diese Daten und Methoden bieten der wissenschaftlichen Forschung immense Potenziale. Der RatSWD begleitet die methodische und technologische Weiterentwicklung in den Forschungsdatenzentren unter Berücksichtigung des Datenschutzes.
3. Beratung bei Gesetzgebungsverfahren
Der RatSWD setzt sich dafür ein, dass im Rahmen von Gesetzgebungsverfahren die Belange der empirischen Forschung und der Forschungsdateninfrastruktur systematisch berücksichtigt werden. Da für die Begleitung von nationalen und europäischen Gesetzgebungsprozessen eine schnelle und fundierte Reaktion erforderlich ist, richtet er als Kontaktgruppe eine Task Force Recht ein. Diese analysiert einschlägige Gesetzentwürfe für den RatSWD und erarbeitet Stellungnahmen an die Politik.
4. Beteiligung an Initiativen und Abstimmung mit internationalen Akteuren
Mit seiner umfassenden Kompetenz und Kenntnis der Sozial-, Verhaltens- und Wirtschaftswissenschaften in Deutschland ist der RatSWD ein zentraler Ansprechpartner für internationale Initiativen im Bereich Datenpolitik, z. B. als organisatorisches Mitglied in die Research Data Alliance (RDA) oder als Gründungsmitglied des Implementierungsnetzwerkes EcoSoc-IN in der GO FAIR Initiative.
5. Begleitung von Diskussionsprozessen, die durch den RatSWD angestoßen wurden
In den vergangenen Berufungsperioden erarbeitete der RatSWD Empfehlungen etwa zu den Themen Datenzugang im Bereich Big Data, Weiterentwicklung der Kriminal- und Strafrechtspflegestatistik, Datenerhebung mit Apps und Wearables oder Remote Access zu Daten der amtlichen Statistik. Die damit in Gang gesetzten Diskussionen gestaltet der RatSWD auch zukünftig mit.
6. Akkreditierung von Forschungsdatenzentren und Qualitätssicherung der geschaffenen Forschungsdateninfrastruktur
Zur Qualitätssicherung der Forschungsdateninfrastruktur hat der RatSWD in den vergangenen Berufungsperioden Mindeststandards und Kriterien für die Akkreditierung von Forschungsdatenzentren erarbeitet. Unter Beachtung der Empfehlungen des FDI Ausschusses entscheidet der RatSWD auch in KonsortSWD über die Akkreditierung neuer FDZ. Der RatSWD evaluiert die Gesamtentwicklung seiner Forschungsdateninfrastruktur durch die Begleitung des jährlichen Monitorings der FDZ und trifft die Entscheidungen im Beschwerdemanagement.
7. Durchführung der Konferenz des KonsortSWD in 2023
Zur Fortsetzung der Reihe von Konferenzen für Sozial- und Wirtschaftsdaten (KSWD) veranstaltet der RatSWD künftig die Konferenz des KonsortSWD. Diese unterstützt die Diskussion aktueller wissenschaftlicher Themen im Kontext von empirischer Sozial-, Verhaltens-, Bildungs- und Wirtschaftsforschung und Datenproduktion. Die Konferenz bietet ein gemeinsames Forum für Wissenschaft, amtliche Statistik und Politik im interdisziplinären Diskurs.
8. Reflexion zu forschungsbezogenen Werten und Normen
In den Sozial- und Wirtschaftswissenschaften werden forschungsethische Belange zunehmend thematisiert, um zu verhindern, dass durch Forschung Einzelnen, Gruppen oder ganzen Gesellschaften Schaden zugefügt wird. Gleichzeitig spielen wissenschaftsbezogene Werte und Normen wie z.B. Forschungsfreiheit, Open Science und Open Data eine zentrale Rolle für die Ausgestaltung von Infrastruktur. Der RatSWD legte beispielsweise bereits ein Gesamtkonzept für forschungsethische Grundsätze und Prüfverfahren in den Sozial- und Wirtschaftswissenschaften vor. Auch künftig unterstützt der RatSWD Forschende durch seinen Beitrag zu einem die Forschung unterstützenden Kultur- und Wertewandel, aber auch durch die Erarbeitung von handlungsleitenden Handreichungen.
9. Förderung von Datengovernance
Der RatSWD setzt sich für einen ganzheitlichen Umgang mit Daten ein mit dem Ziel, die Qualität, den Schutz und die Sicherheit von Daten sicherzustellen und die Einhaltung datenschutzrechtlicher Vorgaben zu gewährleisten. Durch die Förderung einer umfassenden Datengovernance soll die organisatorischen und rechtlichen Rahmenbedingungen und Voraussetzungen für das Teilen und Nachnutzen von Daten in den Disziplinen des RatSWD weiter vorangetrieben werden.
10. Einbindung der Nutzendenperspektive in das NFDI-Konsortium für die Sozial-, Verhaltens-, Bildungs- und Wirtschaftswissenschaften (KonsortSWD)
Über den RatSWD werden die Forschungscommunities des KonsortSWD gezielt in das Konsortium eingebunden: Im RatSWD entwickeln Vertreter und Vertreterinnen der Datenproduktion und der empirische Sozial-, Verhaltens- und Wirtschaftsforschung die Forschungsdateninfrastruktur gemeinsam bedarfsorientiert und nutzungsfreundlich weiter. Damit trägt der RatSWD zu einem zentralen Ziel von KonsortSWD bei. Der Beirat von KonsortSWD wird zudem aus Mitgliedern des RatSWD konstituiert und begleitet die strategische Ausrichtung und Erweiterung des Konsortiums.