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Economic and epidemic implications of virus containment policies: insights from agent-based simulations

Universität Bielefeld

Wie wirken sich die Einschränkungen durch die Coronakrise auf die Wirtschaft aus? Welche Maßnahmen sind geeignet, um die Zahl der Infizierten und Toten durch Sars-CoV-2 möglichst niedrig zu halten? Und wie hängen beide Dynamiken miteinander zusammen? Das haben Wissenschaftler*innen der Universität Bielefeld erforscht und nun in einer Studie veröffentlicht.

  • Disziplin: Sozial, Wirtschaft, Gesundheit
  • Forschungsmethode: Quantitativ
  • Forschungsdesign: Sekundäranalyse, Weitere Daten (z. B. Einzelinterview, Web Scraping, Laborwerte etc.)
  • Erhebungsstatus: Erhebung abgeschlossen, Ergebnisse veröffentlicht

Ziel der Studie

Die Forschenden haben in einem Computermodell mit hoher Voraussagekraft simuliert, wie sich das Virus verbreitet und wie sich zugleich unterschiedliche Eindämmungsmaßnahmen auswirken – und zwar sowohl auf das Bruttoinlandsprodukt und die Arbeitslosenzahlen als auch auf die Zahl der Infizierten und der an Covid-19 Verstorbenen.
Es gibt viele Modelle, mit denen man die Auswirkungen unterschiedlicher Eindämmungsmaßnahmen auf die Wirtschaft simulieren kann – und Untersuchungen, die sich mit der Ausbreitung von Sars-CoV-2 befassen. „Es gibt aber kaum Studien, die beide Aspekte miteinander verbinden“, sagt Professor Dr. Herbert Dawid von der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften der Universität Bielefeld. Dabei ist es wichtig, dies kombiniert zu betrachten: „Es ist nicht nur so, dass viele Eindämmungsmaßnahmen wirtschaftliche Folgen haben“, sagt Dawid. „Umgekehrt können auch wirtschaftliche Aktivitäten dazu beitragen, dass sich das Virus weiterverbreitet.“

Studiendesign/Umsetzung

Für die Modellierung der Ausbreitung des Virus stützten sich die Forscher*innen auf etablierte epidemiologische Modelle. Auf Seiten der Wirtschaft sind im Modell ein öffentlicher und drei private Sektoren sowie Haushalte mit einer unterschiedlichen Altersstruktur angelegt. Berücksichtigt wird zudem individuelles Verhalten. Als Verbreitungskanäle des Virus sind Arbeit, Einkaufen und private Treffen vorgesehen.
In ihrem Modell haben die Wissenschaftler*innen zunächst Maßnahmen simuliert, um die Verbreitung des Virus unter Kontrolle zu bekommen. Dabei stehen unterschiedliche Stellschrauben zur Verfügung, darunter auch solche, die zumindest im Modell keine Auswirkungen auf die Wirtschaftsaktivität haben. Dazu zählt zum Beispiel, dass mehr Menschen im Homeoffice arbeiten. Ziel der Simulation ist dabei immer, dass die Zahl der Infizierten nicht über einen Schwellwert steigt, bei dem die vorhandene Zahl an Intensivbetten nicht mehr ausreicht.
Das Modell simuliert außerdem die Öffnungsphase nach einem Lockdown. Dabei stellen sich der Politik Fragen: Wann soll sie einen Lockdown beenden? Welche Beschränkungen sollten sofort aufgehoben werden, welche Verbote zunächst weiter gelten? Welche individuellen Maßnahmen sind zudem sinnvoll, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen?
Die Wissenschaftler*innen haben das Modell mit den Daten zur bisherigen Entwicklung in Deutschland abgeglichen. Das Modell war in der Lage, die deutschen Zahlen für die 63 Tage zwischen dem 9. März und dem 10. Mai 2020 in Bezug auf die wirtschaftlichen und virologischen Daten zu reproduzieren. Dieser Vergleich mit den deutschen Zahlen zeigt, dass das Modell valide ist. „Das Modell erscheint uns sehr geeignet, um die Ausbreitung eines infektiösen und potenziell tödlichen Virus mit seinen Folgen auf die Wirtschaft nachzuvollziehen und vorauszusagen“, sagt Dawid.
Das Modell ist darüber hinaus grundsätzlich übertragbar auf andere Länder. „Man muss dann natürlich einige Parameter ändern, die man schnell einarbeiten könnte“, sagt Dawid. Dazu zählt zum Beispiel die Altersstruktur der Bevölkerung, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und insbesondere auch die Zahl der Intensivbetten. Sollte es einmal eine Pandemie mit einem anderen Virus geben, könnte das Modell ebenfalls hilfreich sein, um die Folgen politischer Maßnahmen vorauszuberechnen. „In dem Fall müssten wir die Infektionswahrscheinlichkeiten und altersabhängigen Todesraten entsprechend modifizieren“, sagt Dawid.

Weiterführende Links

Basurto, A., Dawid, H., Harting, P., Hepp, J., & Kohlweyer, D. (2020). Economic and epidemic implications of virus containment policies: insights from agent-based simulations (Universität Bielefeld Working Papers in Economics and Management, 05-2020). Bielefeld: Bielefeld University, Department of Business Administration and Economics. https://doi.org/10.4119/unibi/2944282