Workshop zu „Archivierung und Zugang zu qualitativen Daten“
Auf dem interdisziplinären Workshop des RatSWD am 27. und 28. April 2018 an der Universität Bremen vernetzten sich mehr als 50 Forschende, um Lösungen für die Archivierung und Nachnutzung qualitativer Forschungsdaten zu finden. Gemeinsam wurden bisherige Erfahrungen evaluiert, grundlegende Probleme von Archivierung und Sekundäranalysen diskutiert und Anforderungen für eine verbesserte Archivierungsinfrastruktur in der qualitativen Forschung benannt.
Es fehlt an einer institutionellen Struktur für die Archivierung und nachhaltige Verfügbarmachung qualitativer Forschungsdaten in Deutschland: Videoaufzeichnungen, Bilder, Tagebücher, Interview-Transkripte, Feldnotizen und das Kontextwissen der Forschenden – die Daten, die im qualitativen Forschungsprozess entstehen, sind vielfältig. Es ist nicht immer möglich, sie zu verschriftlichen und sie bergen oft tiefgreifende Informationen.
Wie können solche qualitativen Daten unter Berücksichtigung des Datenschutzes und forschungsethischer Erwägungen archiviert und Forschenden zugänglich gemacht werden? Dies sollte in einem Workshop des RatSWD an der Universität Bremen am 27. und 28. April diskutiert werden. Mehr als 50 Interessierte aus unterschiedlichen Fachdisziplinen und Einrichtungen folgten der Einladung.
Bei der Archivierung qualitativer Daten besteht eine Herausforderung z. B. darin, den datenschutzrechtlichen Anforderungen zu genügen und dennoch den Informationsgehalt der archivierten Daten möglichst zu erhalten. Daneben spielen bei qualitativen Daten forschungsethische Überlegungen eine große Rolle. Als Ausgleich zwischen Anonymisierung und Beibehaltung der Datenqualität bzw. Nachnutzbarkeit deuten sich fallspezifische Zugangsbeschränkungen und Nutzungsverträge an, wie erste Erfahrungen in einzelnen Disziplinen sowie im etablierten britischen Archiv QualiData zeigen.
Es wurde deutlich, dass bei Archivierung und Datenzugang mit flexiblen Lösungen gearbeitet werden muss. Allerdings erfordern solche Ansätze finanzielle wie technische Ressourcen, die derzeit (noch) nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung stehen. Wichtig war den Teilnehmenden, dass diese Ansätze nicht von einer Logik technischer Sachzwänge strukturiert werden, sondern von den Anforderungen und Bedarfen der einzelnen Fach-Communities ausgehen und entwickelt werden. Dies sei entscheidend dafür, dass sich eine Datenkultur des Austauschs und der Sekundärnutzung etablieren kann.
Es bestand Konsens darüber, dass begleitende Forschung erforderlich ist, die auf zwei Ziele hinarbeitet: 1.) auf eine Verdeutlichung der Potentiale der Sekundärnutzung qualitativer Daten z. B. durch Leuchtturmprojekte, wie auch 2.) auf die Analyse der möglichen Auswirkungen, die sich im Feldzugang und in der Datenerhebung aufgrund der möglichen Nachnutzung durch nicht unmittelbar in die Forschungssituation eingebundene Personen ergeben.
Die Workshop-Ergebnisse sollen in eine Publikation einfließen, welche die Anforderungen an eine zukünftige Forschungsdateninfrastruktur für die qualitative Sozialforschung formuliert.