Datenbasierte Forschung in Deutschland stärken – RatSWD Positionspapier zur neuen Legislaturperiode
Zur 20. Legislaturperiode des Deutschen Bundestages fordert der Rat für Sozial- und Wirtschaftsdaten (RatSWD) in seinem Positionspapier „Datenbasierte Forschung in Deutschland stärken“ einen besseren Zugang zu (Forschungs-)Daten für Wissenschaft und Forschung. In sieben Handlungsfeldern definiert der RatSWD konkrete Empfehlungen. Bessere Forschungsdaten sind auch für die Politik unverzichtbar, denn nur so können auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse evidenzbasierte Entscheidungen getroffen werden.
Die COVID-19 Pandemie hat den Wert von datenbasierten wissenschaftlichen Analysen in gesellschaftlichen Krisen auf beeindruckende Weise demonstriert. Und sie hat deutlich vor Augen geführt, dass und wo in Deutschland Defizite in der Datenlandschaft bestehen. Der RatSWD begrüßt daher die starke Verankerung der Forschung in der Datenstrategie der Bundesregierung. Diese muss nun jedoch konkretisiert und konsequent und zügig umgesetzt werden.
Nach anderthalb Jahren Pandemie stehen in den kommenden Jahren wichtige politische Entscheidungen an, und es sind entscheidende Weichen zu stellen. Neben der Bewältigung der medizinischen Krise stellt die Pandemie Politik und Gesellschaft vor erhebliche wirtschaftliche und soziale Herausforderungen. Aber auch jenseits der Pandemie müssen in den nächsten Jahren Antworten auf Herausforderungen wie den Klimawandel, den demographischen Wandel und auf Verteilungsfragen gefunden werden. Wissenschaftliche Erkenntnisse auf Basis von (Forschungs-)Daten können und sollten die Politik dabei unterstützen. Der RatSWD fordert die Politik daher auf, Wissenschaft und Forschung in der 20. Legislaturperiode des Deutschen Bundestages durch folgende Maßnahmen zu stärken:
- Zugang zu Register- und Verwaltungsdaten für wissenschaftliche Zwecke ermöglichen
Die in der Datenstrategie vorgeschlagenen Forschungsklauseln sollten bei Gesetzesinitiativen konsequent umgesetzt und der Wissenschaft sollte der Zugang zu Register- und Verwaltungsdaten ermöglicht werden. Ein Forschungsdatengesetz wäre hierfür ein starkes Signal und könnte den gesetzgeberischen Aufwand bei Einzelgesetzen reduzieren. - Vertraulichkeit von Forschungsdaten sichern
Zum Schutz des besonderen Verhältnisses von Forschenden und Beforschten sowie zur Sicherung der Vertraulichkeit der Forschungssituation braucht es rechtliche Maßnahmen im Sinne einer berufsrechtlichen Geheimhaltungspflicht. - Wissenschaft in die Umsetzung eines registerbasierten Zensus einbinden
Um die wissenschaftlichen Potenziale des aufzubauenden Registerzensus erschließen zu können, benötigt die Forschung Zugang zu den Zensus- und Prozessdaten. Die Wissenschaft kann hier wichtige Impulse geben und sollte eng bei der Planung und Umsetzung eingebunden werden. - Datenverknüpfungen zulassen
Es bedarf einer Erweiterung der Verwaltungs- und Rechtsgrundlagen für Datenverknüpfungen, um aufwändige Doppelerhebungen zu verhindern. Auch muss eine datenschutzrechtlich konforme Nutzung von Individualdaten über die Zeit leichter möglich sein. - Kontinuierliche Qualitätssicherung und Erweiterung des Netzwerkes von Forschungsdatenzentren
Mit dem Konzept der Forschungsdatenzentren (FDZ) gehen Standards zur Einhaltung von Qualitätssicherung und Datenschutz mit Nutzungsfreundlichkeit und fachkundiger Beratung von Datennutzenden einher. Register- und Verwaltungsdaten sollten auch in FDZ für die wissenschaftliche Forschung verfügbar sein. - Remote Access zu Daten der amtlichen Statistik ermöglichen
Der RatSWD setzt sich für nutzungsfreundliche flexible Datenzugänge ein: Remote Access ermöglicht einen sicheren Fernzugriff auf sensible Einzeldaten. Um dies auch für die Daten der amtlichen Statistik zu ermöglichen, sollten die erforderlichen Gesetzesänderungen umgesetzt und notwendige Ressourcen bereitgestellt werden. - Forschungsdateninfrastruktur stärken
Die Forschungsförderung sollte die Nachnutzung fördern und die Anschlussfähigkeit von neu erhobenen Daten an vorhandene Daten, beispielsweise etablierte Panelstudien, stärken. Die entsprechende Forschungsdateninfrastruktur sollte hierfür weiter ausgebaut werden.
Weitere Informationen
Der Rat für Sozial- und Wirtschaftsdaten (RatSWD) berät seit 2004 die Bundesregierung und die Regierungen der Länder in Fragen der Forschungsdateninfrastruktur für die empirischen Sozial-, Verhaltens- und Wirtschaftswissenschaften. Im RatSWD arbeiten zehn durch Wahl legitimierte Vertreterinnen und Vertreter der sozial-, verhaltens- und wirtschaftswissenschaftlichen Fachdisziplinen mit zehn Vertreterinnen und Vertretern der wichtigsten Datenproduzenten zusammen.
Der RatSWD ist Teil des Konsortiums für die Sozial-, Verhaltens-, Bildungs- und Wirtschaftswissenschaften (KonsortSWD) in der Nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFDI). Er versteht sich als institutionalisiertes Forum des Dialoges zwischen Wissenschaft und Datenproduzenten und erarbeitet Empfehlungen und Stellungnahmen. Dabei engagiert er sich für eine Infrastruktur, die der Wissenschaft einen breiten, flexiblen und sicheren Datenzugang ermöglicht. Diese Daten werden von staatlichen, wissenschaftsgetragenen und privatwirtschaftlichen Akteuren bereitgestellt. Derzeit hat der RatSWD 40 Forschungsdatenzentren (Stand: Juni 2021) akkreditiert und fördert deren Kooperation.